Foto: D. Weise

Objekt des Monats September

Schmuckkästchen

Ein Schmuckstück im wahrsten Sinne des Wortes, versteckt sich hinter dem Objekt des Monats September. Die herzförmige Schachtel wurde aus einer Vielzahl schmaler Strohhalme mittels verschiedenster Web-, Flecht- und Falttechniken hergestellt. Im Inneren ist sie mit leicht vergilbtem Papier ausgekleidet. Recht deutlich ist noch erkennbar, dass es sich um Papier eines Mehlsacks oder einer Mehltüte handelt, da „ehl“ und „1 Kilo brutto FEINE“ sowie die Abbildung einer Getreideähre darauf zu sehen sind. Der Preis für dieses kleine Kunstwerk: ein Stück Brot.

In den vergangenen Wochen erschienen mehrere Aufrufe zur geplanten Kumpelgalerie der neuen Dauerausstellung des Bergbaumuseums Oelsnitz/Erzgebirge. Geplant ist ein neuer Ausstellungsbereich, der sich den Menschen im sächsischen Steinkohlenbergbau widmet. Dabei werden natürlich wichtige Persönlichkeiten vorgestellt, aber vor allem auch die Bergarbeiter, Männer und Frauen, welche diesen Montanzweig prägten.

Eine der zahlreichen Rückmeldungen auf einen unserer Aufrufe kam von Inge Czernatsch aus Lichtenstein. Ihr verstorbener Mann Josef war Hauer auf Rudolf-Breitscheid-Schacht in Hohndorf und 1962 als Meisterhauer ausgezeichnet worden. Eine Abbildung von den Feierlichkeiten zur Auszeichnung sowie das Abzeichen und die Urkunde selbst hat Frau Czernatsch dem Museum für die geplante Kumpelgalerie zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus übergab sie noch weitere Unterlagen und Auszeichnungen aus dem Arbeitsleben ihres Mannes.

Da Frau Czernatsch selbst nicht mehr Auto fährt, hatte Museumsmitarbeiterin Deborah Weise sie in Lichtenstein besucht. Erst ganz am Ende des Gesprächs bemerkte Frau Czernatsch, dass sie noch ein weiteres Stück besitzt, welches für das Museum vielleicht von Interesse sein könnte. Es hätte jedoch nichts mit ihrem Mann oder seiner Arbeit und auch nur indirekt mit dem Steinkohlenbergbau zutun.

Zum Vorschein kam das bereits beschriebene Objekt des Monats September. Ein Erbstück von der Mutter von Frau Czernatsch. Diese hatte es noch während des Zweiten Weltkrieges zum oben genannten Preis, ein Stück Brot, von einem russischen Zwangsarbeiter erhalten. In den hiesigen Schächten mussten während des Zweiten Weltkrieges über- und untertage Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene arbeiten. Aufgrund der teilweise katastrophalen Bedingungen und Verpflegung, verdienten sich viele ein Zubrot mit entsprechenden Kunstwerken und Kleinoden.

Da das Bergbaumuseum den Anspruch hat sich allen Aspekten des sächsischen Steinkohlenbergbaus zu widmen, sind gerade auch derartige Objekte eine große Bereicherung für die Sammlung. So wird in der neuen Dauerausstellung auch auf das Schicksal und die Situation der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen in den Schächten der sächsischen Reviere eingegangen und das Schmuckkästchen aus Stroh wiederzufinden sein.

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