Foto: Heino Neuber

Objekt des Monats April 2021

Holzfahrt aus dem Merkurschacht in Gersdorf

vermutlich zwischen 1890 und 1920

Benutzt, vergessen, vergraben, wiedergefunden und schließlich dem Bergbaumuseum Oelsnitz/Erzgebirge übergeben – so lässt sich die Geschichte des Objekts des Monats April kurz zusammenfassen. Es handelt sich um eine Holzleiter aus dem Merkurschacht in Gersdorf, die bergmännisch als Fahrt bezeichnet wird. Das Objekt gehört heute dem Sammlungsbereich Bergbaunachsorge des Bergbaumuseums an.

Der Steinkohlenbauverein Gersdorf wurde im November 1871 gegründet. Bereits im Januar des Folgejahres begann das Abteufen der beiden Schächte, Plutoschacht und Merkurschacht, die nur 160 Meter voneinander entfernt lagen. Die Arbeiten an letzterem kamen wegen hoher Wasserzuflüsse nur langsam voran und der Schacht erreichte 1879 schließlich bei knapp 770 Metern seine endgültige Tiefe. Durch die Erschöpfung der Lagerstätten und einen Wassereinbruch aus dem benachbarten Grubenfeld der stillgelegten Kaisergruben-Schächte wurde der Steinkohlenabbau im Merkurschacht unrentabel und am 31. März 1944 eingestellt. Unter dem Decknamen „Okapi 1131“ sollte anschließend unter strengster Geheimhaltung die Produktion der Maschinenfabrik Carl Karl Hamel AG aus Siegmar-Schönau in 40 Metern Tiefe in die ehemaligen Schachtanlagen verlegt werden. Die Fabrik fertigte Panzergetriebe. Diese kriegswichtige Produktion sollte auf diese Weise vor einer möglichen Bombardierung geschützt werden. Es wurde mit dem Aufbau der dafür benötigten Kammern begonnen, jedoch konnte das Vorhaben durch das Ende des Zweiten Weltkrieges nicht verwirklicht werden. Zwischen 1945 bis 1947 wurde der Merkurschacht schließlich verfüllt.

Bei Probebohrungen wurde zufällig entdeckt, dass sich in den Untertage-Anlagen des Merkurschachtes Hohlräume befanden. Deswegen wurde der Schacht durch das Sächsische Oberbergamt wieder geöffnet, neu verfüllt und verwahrt. Dies geschah von 2013 bis 2015, um den Standort als Gewerbefläche nutzbar zu machen. Hierbei wurden auch die damals noch erhaltenen Tagesanlagen des Merkurschachtes abgerissen.

Im Zuge des erneuten Verfüllens und Verwahrens wurden das Objekt des Monats, eine weitere Fahrt sowie Teile der Grobschrotzimmerung gefunden und dem Bergbaumuseum für seine Sammlungen übergeben. Auch wenn die Mannschaftsbeförderung maschinell erfolgte, verfügte der Merkurschacht dennoch über Fahrten. Dies war nötig, damit bei einer Schachtrevision alle Bereiche zugänglich waren. Zudem konnte man durch die Leitern im Falle eines Maschinenausfalls trotzdem den Schacht begehen bzw. verlassen.

Das Museumsteam entschied sich bewusst dafür, das Objekt des Monats in dem Zustand seiner Auffindung zu belassen und als Zeuge der erneuten Verwahrung des Merkurschachtes museal zu sichern. Die Fahrt wurde in den Sammlungsbereich Bergbaunachsorge eingegliedert. Dieser ist erst vor kurzem entstanden und befindet sich noch im Aufbau. Auch heute − mehrere Jahrzehnte nach dem Ende des sächsischen Steinkohlenbergbaus − kann es noch zu Nachwirkungen, wie beispielsweise Senkungen, kommen. Deswegen müssen die ehemaligen Bergwerke und insbesondere ihre Flutung ständig überwacht werden. Die Bergbaufolgen bringen auch Nutzungsmöglichkeiten mit sich: So lässt sich beispielsweise das ansteigende Grubenwasser im Lugau-Oelsnitzer Revier aufgrund seines Salzgehaltes für Zwecke der Gesundheitsförderung einsetzen. Diese und weitere Aspekte der Bergbaunachsorge sollen in dem neuen Sammlungsbereich dokumentiert werden.

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